Zur Macht des fotografischen Bildes …

 

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New York, 26. November 1974

Kaum ein Arbeitsverhältnis ist spannungs-geladener als das zwischen Star und Papa-razzo. Man braucht und verachtet einander gleichermassen. Marlon Brando, der Mann mit der schweren Halskette im Vorder¬grund, ist ein Star. Der Mann mit Lederjacke, Fotoapparat und Football-Helm im Hinter-grund heisst Ron Galella und ist Paparazzo. Galella trägt den Helm nicht ohne Grund. Ein Jahr zuvor hat er die Schauspiellegende Brando auf dem Flughafen in New York erwischt und seinen Apparat klicken lassen. «Mister Brando, Mister Brando», bittet er, «könnten Sie die Sonnenbrille abnehmen?» Brando lässt die Brille auf, schweigt und schlägt zu. Er haut Galella fünf Zähne raus und bricht ihm den Unterkiefer. Galella ist ein Kind der Bronx und gewiss nicht zimper¬lich. Das Fotografieren hat der Sohn italieni¬scher Einwanderer bei der Air Force gelernt, und es wäre ihm nicht in den Sinn gekom¬men, wegen eines gebrochenen Kiefers damit aufzuhören. Aber er schützt sich nun besser, wie das bizarre Bild vom nächsten Zusammentreffen der beiden zeigt. Auch Brando bleibt übrigens die Schlägerei mit dem Paparazzo noch lange in Erinnerung: Er trägt zeitlebens die Narben von Galellas Zähnen auf den Knöcheln, (t/s.)

QUELLE
NZZ am Sonntag | 5. Januar 2014 | p.15

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